Schulpflicht und Kindergeld

(© Wilfried Richert, rechtlich unverbindliche Auskunft)

Die rechtliche Grundlage der Schulpflicht sind die Schulgesetze der Länder. Die kann man i. d. R. über die Webseiten des jeweiligen Kultusministeriums des Landes runterladen. Die entsprechenden Regelungen des Hessischen Schulgesetzes habe ich unten beigefügt.
Wir haben bislang nicht von Problemen bei der Befreiung von der Schulpflicht bzw. der Abmeldung von der Schule gehört. Meist wird damit argumentiert, dass Kinder auf Langzeit-Segelyachten ohne Wohnsitz in Deutschland sind bzw. ihren ständigen Aufenthalt nicht in Deutschland haben und von daher in Deutschland auch gar nicht schulpflichtig sind. Also werden sie lediglich von der Schule abgemeldet.
Da eine unter deutscher Flagge segelnde Yacht jedoch deutsches Territorium darstellt (also nicht Ausland ist), ist die deutsche Familie auf dieser Yacht im engeren Sinne auch nicht "ins Ausland verzogen".  Da die Familie aber mehr als die Hälfte des Jahres nicht in Deutschland ist, hat sie auch ihren ständigen Aufenthalt nicht in Deutschland. Auch von daher ist die Erfüllung der Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen Schule natürlich gar nicht möglich. (Problem: Kindergeld!! Siehe unten.)
Wir finden es ganz hilfreich, auf jeden Fall mit der Schulleitung der zuständigen Schule Kontakt aufzunehmen und um Unterstützung zu bitten. Vielleicht ist eine informelle Regelung möglich. Danach kann man sich ggf. an die Schulbehörde wenden. Die wird die Angelegenheit voraussichtlich rein von der schulrechtlichen Seite betrachten.
Wir haben uns durch die bisherige Klasse/Schule betreuen lassen. Auf diese Weise bekamen wir auch die Unterrichtsmaterialien und Klassenarbeiten. Der Kontakt zur betreuenden Schule wurde per E-Mail aufrechterhalten. Wenn die Kinder weiterhin in ihrer bisherigen Schule angemeldet bleiben, hilft dies auch, die Zahlung des Kindergeldes zu sichern. Hilfreich sind die Regelungen für den Unterricht beruflich reisender Eltern: www.schule-unterwegs.de und www.bildungsportal.nrw.de. Diese Regelungen betreffen alle Bundesländer gemeinsam.  Eltern, die auf Langfahrt sind, können ggf. das Schreiben von Reiseberichten oder eines Buches oder berufsbedingte Studien/Weiterbildung als berufliche Tätigkeit definieren. Auf jeden Fall macht es Sinn, ein "Klassenbuch" über den Unterricht an Bord zu führen, um die spätere Eingliederung in die "normale" Schule zu erleichtern. Die Lehrpläne sind auch meist auf der Webseite des jeweiligen Kultusministeriums des Landes zu finden.

Zum Kindergeld:
Kindergeld ist eine Steuervergütung, die es nur für Kinder gibt, die im Inland oder in der EU leben. Für im Ausland lebende Kinder gibt es Kindergeld nur ausnahmsweise und dann auch nur in geringerer Höhe. Kindergeld für im Ausland lebende Kinder wird von der Familienkasse des Arbeitsamtes festgelegt. In der Veränderungsmitteilung an die Familienkasse ist jedoch nur eine Zeile "... ist ins Ausland verzogen (Anschrift)" enthalten. Also wenn die Familie einen Wohnsitz im Inland behält und weiterhin in Deutschland steuerpflichtig ist (und ggf. die Kinder durch die heimische Schule betreut werden) , dürfte es m. E. keine Probleme mit dem Kindergeld geben. Informationen zum Kindergeld findet man unter www.bff-online.de (Bundesamt für Finanzen).


Anhang:


Auszug:Hessisches Kultusministerium: Schulgesetz
Schulpflicht
VIERTER TEIL
Schulpflicht
Erster Abschnitt
Grundsätzliches
§ 56
Begründung der Schulpflicht

(1) Schulpflicht besteht für alle Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden, die im Lande Hessen ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Ausbildungs- oder Arbeitsstätte haben.
(2) Die Schulpflicht ist durch den Besuch einer deutschen Schule zu erfüllen. Ausländische Schülerinnen und Schüler können die Schulpflicht auch an als Ergänzungsschulen staatlich anerkannten Schulen in freier Trägerschaft erfüllen, die auf das Internationale Baccalaureat oder Abschlüsse eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union vorbereiten. Über Ausnahmen entscheidet das Staatliche Schulamt. Sie setzen einen wichtigen Grund voraus.
(3) Schülerinnen und Schülern, die außerhalb des Landes Hessen schulpflichtig waren und nach den dort geltenden Bestimmungen die Schulpflicht erfüllt haben, wird die Zeit der Erfüllung auf die Schulpflichtzeit nach diesem Gesetz angerechnet. Lässt sich die Dauer des Schulbesuchs nicht hinreichend sicher feststellen, wird die Dauer der noch verbleibenden Vollzeitschulfrist nach dem Lebensalter festgelegt.
(4) Völkerrechtliche Abkommen und zwischenstaatliche Vereinbarungen bleiben unberührt.

§ 57
Schuljahr
Das Schuljahr beginnt am 1. August und endet am 31. Juli des folgenden Kalenderjahres. Satz 1 gilt auch für Ersatzschulen.

Zweiter Abschnitt
Vollzeitschulpflicht
§ 58
Beginn der Vollzeitschulpflicht
(1) Für alle Kinder, die bis zum 30. Juni das sechste Lebensjahr vollenden, beginnt die Schulpflicht am 1. August. Diese sind in den Monaten September / Oktober des Jahres, das dem Beginn der Schulpflicht vorausgeht, zum Schulbesuch anzumelden, dabei sind die deutschen Sprachkenntnisse festzustellen. Kinder, die nach dem 30. Juni das sechste Lebensjahr vollenden, können auf Antrag der Eltern in die Schule aufgenommen werden. Die Entscheidung trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter unter Berücksichtigung des schulärztlichen Gutachtens. Die Schulpflicht beginnt mit der Einschulung. Bei Kindern, die nach dem 31. Dezember das sechste Lebensjahr vollenden, kann die Aufnahme vom Ergebnis einer zusätzlichen schulpsychologischen Überprüfung der geistigen und seelischen Entwicklung abhängig gemacht werden.

(2) Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf,
(3) Schulpflichtige Kinder, die noch nicht den für den Schulbesuch erforderlichen körperlichen, geistigen und seelischen Entwicklungsstand haben,
(4) Vorklassen (§ 18)
(5) Schulpflichtige Kinder, die nicht über die für den Schulbesuch erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse verfügen,

§ 59
Dauer der Vollzeitschulpflicht
(1) Die Vollzeitschulpflicht dauert neun Jahre. Sie endet spätestens mit dem erfolgreichen Besuch der Jahrgangsstufe 9.
(2) Für Schülerinnen und Schüler, die das Ziel der Hauptschule nicht erreicht haben, kann auf Antrag der Eltern die Schulleiterin oder der Schulleiter die Vollzeitschulpflicht um ein Jahr, das Staatliche Schulamt in besonderen Fällen um bis zu zwei weitere Jahre verlängern, wenn begründete Aussicht besteht, dass durch den weiteren Schulbesuch der Abschluss erreicht wird.
(3) Für Jugendliche, die nach dem Ende der Vollzeitschulpflicht (Abs. 1)  weder eine  weiterführende Schule besuchen noch in ein Ausbildungsverhältnis im Sinne des Berufsbildungsgesetzes oder in eine Maßnahme der Bundesagentur für Arbeit von einjähriger Dauer eintreten, wird die Vollzeitschulpflicht um ein Jahr verlängert.

§ 60
Erfüllung der Vollzeitschulpflicht
(1) Die Vollzeitschulpflicht wird durch den Besuch einer öffentlichen Schule der Grund- und Mittelstufe (Primar- und Sekundarstufe I) erfüllt.
(2) Die Vollzeitschulpflicht kann durch den Besuch einer Ersatzschule erfüllt werden. Anderweitiger Unterricht außerhalb der Schule darf nur aus zwingenden Gründen vom Staatlichen Schulamt gestattet werden.
(3) Die nach § 59 Abs. 3 verlängerte Vollzeitschulpflicht kann durch den Besuch einer Schule im Bereich der Mittelstufe (Sekundarstufe I) oder einer beruflichen Vollzeitschule erfüllt werden.
(4) In der Grundstufe (Primarstufe) haben die Schülerinnen und Schüler die Schulpflicht durch den Besuch der Grundschule zu erfüllen, in deren Schulbezirk (§ 143 Abs. 1) sie wohnen.

§ 61
Erfüllung der Vollzeitschulpflicht bei sonderpädagogischem Förderbedarf
(1)
(2)
(3)
 
Dritter Abschnitt
Berufsschulpflicht
§ 62

Vierter Abschnitt
Gemeinsame Bestimmungen
§ 65
Ruhen der Schulpflicht
(1) Die Schulpflicht ruht auf Antrag für eine Schülerin mindestens vier Monate vor und drei Monate nach einer Niederkunft. Die Schulpflicht ruht ferner, wenn bei Erfüllung der Schulpflicht die Betreuung eines Kindes der oder des Schulpflichtigen gefährdet wäre. Über den Antrag entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter.
(2) Für Kinder und Jugendliche, die auch in einer Förderschule oder durch Sonderunterricht nicht gefördert werden können, kann die Schulpflicht auf Dauer oder vorübergehend ruhen. Hierüber entscheidet das Staatliche Schulamt nach Anhörung der Eltern auf Grund eines pädagogisch-psychologischen und eines schulärztlichen Gutachtens. Das Staatliche Schulamt kann anordnen, dass die Schulpflicht für die Dauer des Entscheidungsverfahrens vorläufig ruht, wenn es die Aufrechterhaltung des Schul- oder Unterrichtsbetriebs oder die Sicherheit von Personen erfordert. Es unterrichtet die Jugend- und Sozialbehörden.

§ 66
Gestattungen
Das Staatliche Schulamt kann im Benehmen mit dem Schulträger aus wichtigem Grund den Besuch einer anderen als der nach § 60 Abs. 4 oder § 63 örtlich zuständigen Schule gestatten, insbesondere wenn
1. die zuständige Schule auf Grund der Verkehrsverhältnisse nur unter besonderen Schwierigkeiten zu erreichen ist,
 
2. der Besuch einer anderen Schule der oder dem Schulpflichtigen die Wahrnehmung des Berufsausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses erheblich erleichtern würde,
 
3. gewichtige pädagogische Gründe hierfür sprechen oder
 
4. besondere soziale Umstände vorliegen
und wenn die Aufnahmekapazität der anderen Schule nicht erschöpft ist.

§ 67
Überwachung der Schulpflicht
(1) Die Eltern sind dafür verantwortlich, dass die Schulpflichtigen am Unterricht und an den Unterrichtsveranstaltungen der Schule regelmäßig teilnehmen. Sie sind verpflichtet, die Schulpflichtigen bei der zuständigen Schule an- und abzumelden und sie für den Schulbesuch angemessen auszustatten.
(2) Kann nach dem Besuch der Grundschule eine Entscheidung der Eltern darüber, welche Schule besucht werden soll, nicht herbeigeführt werden, bestimmt das Staatliche Schulamt, an welcher Schule die Schülerin oder der Schüler die Vollzeitschulpflicht erfüllt.
(3) Ausbildende oder Arbeitgeber sowie die in den Dienststellen hierfür Bevollmächtigten haben die in einem Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis stehenden Berufsschulpflichtigen an- und abzumelden, ihnen die zur Erfüllung der Schulpflicht erforderliche Zeit zu gewähren und sie zur Erfüllung der Schulpflicht anzuhalten.

§ 68
Schulzwang
Wer seiner Schulpflicht nicht nachkommt, kann der Schule zwangsweise zugeführt werden, wenn andere pädagogische Mittel, insbesondere persönliche Beratung, Hinweise an die Eltern, die Kinder- und Jugendhilfe, den Ausbildenden und den Arbeitgeber oder gemeinsame Gespräche der Beteiligten erfolglos geblieben sind. Die Entscheidung über die zwangsweise Zuführung trifft die Schulleiterin oder der Schulleiter im Einvernehmen mit dem Staatlichen Schulamt. Bei der Zuführung kann die Hilfe der für den Wohnsitz, für den gewöhnlichen Aufenthalt oder für den Beschäftigungsort der oder des Schulpflichtigen örtlich zuständigen Verwaltungsbehörde (Gemeindevorstand) in Anspruch genommen werden.